Selbst-Organisation meiner Masterarbeit

Ich habe kürzlich meine Masterarbeit beendet. …

Das ist gelogen, das ist 11 Jahre her, aber damals begann ich diesen Text. Nach Abschluss meiner Arbeit wollte ich meine Prozesse dokumentieren, die mir während der Zeit Struktur und Hilfe gegeben haben. Dann kam Leben dazwischen und ich schrieb es nicht zu Ende. Bis heute.
Manches mag inzwischen aus der Zeit gefallen sein, aber so kommt das nunmal. Ich habe kürzlich meine ADHS-Diagnose erhalten und seitdem wird mir noch bewusster, wieviel ich in meinem Leben ADHS mit Struktur kompensiert habe. Die Masterarbeit ist hier ein Paradebeispiel. Also, wir spulen zurück.

Ich habe kürzlich2013 meine Masterarbeit beendet. Da ich manchmal ein großer Struktur und Prozessfan bin möchte ich hier dokumentieren, welche Arbeitsstrukturen ich für mich gefunden und gestaltet habe, um die Masterarbeit zu einem erfolgreichen Abschluss zu führen. Dies beschreibt zunächst mein Zeit- und Fortschritts-Tracking und wird vielleicht später um die technische Grundstruktur mittels git und LaTeX, meinen Workflow für automatisierte Backups und Synchronisation von Quellen erweitert.

1. Projektplan

Erstmal zur zeitlichen Einordnung. Mein Abgabetermin war der 1. Mai 2013. Da ich eine Woche Puffer für die Abgabe wollte, habe ich alles auf eine Abgabe zum 25. April 2013 vorbereitet. Ingesamt hatte ich ein Semester a 16 Wochen Zeit (112 Tage). Dabei waren die letzten 45 Tage für das Schreiben der Arbeit verplant, wovon die letzten 14 Tage für meine Korrekturenleser*Innen reserviert waren.
Dieser Plan ging soweit auf, dass ich eine Woche vor Abgabe ein Exemplar hatte, dass ich hätte abgeben können, mir aber dann noch zwei Tage extra für Feinschliff und Druck geben konnte, ohne in Stress zu verfallen.

2. Zeitnahme

Das Grundproblem, was ich mit den folgenden Lösungen angehen wollte war dabei nicht die Motivation aufzubringen anzufangen, sondern viel mehr mir selber Feedback geben zu können, ob ich genug gemacht habe. Computer-Arbeit bietet viele Möglichkeiten der Ablenkung, und auch wenn man an einer Sache arbeitet kommt es schnell, dass man sich plötzlich ganz woanders wieder findet und nicht bei der Sache ist. Auf einen ganzen Tag gerechnet vergehen dann zwar die 8 Stunden, aber wie viele davon wirklich effektiv genutzt war ist nicht ersichtlich. Dies über mehrere Tage, und schon, fehlte mir sämtliches Zeitgefühl und ich hatte keine Ahnung, ob ich genug oder zu wenig machte. Und wenn ich das nicht weiß, dann mache ich tendenziell zu viel.

Die Lösungen sollten mir daher Feedback und Gewissheit geben “ja, ich mache genug” oder auch “ja, ich habe Feierabend erreicht”.

Angehängt ist meine Zeitmatrix(links) und meine Schreibtabelle (rechts).

Die Zeitmatrix ist so aufgebaut:

  • Eine Zellenreihe ist eine Woche mit 7 Zellen für jeden Tag.
  • In jedem Tag gibt es 2×2 Kästchen: eins für jeden 2-Stunden-Block, den ich arbeiten sollte.
  • Tage an denen ich weiß, dass ich nichts schaffen werde, weil ich auf Arbeit bin (Mittwoch) oder Arzttermine (rote Kästchen) habe ich vorab markiert.
  • Sternchen sind gut gelaufene Treffen mit meinem Professor, Milestones so zu sagen.
  • Je nach Laune male ich entweder direkt nach jedem 2-Stunden-Block aus, oder am Ende des Tages.
  • Ziel ist nicht unter 6 Stunden zu kommen und möglichst die 8 zu schaffen und dann auch den Stift fallen zu lassen.
  • Mach keine Überstunden zu machen – stay fresh for the next day.
  • Außerdem war es mein Ziel Arbeit auf 5 Tage die Woche zu beschränken.
  • Eingetragen wurden alle Wochen bis zur Deadline und dem Abgabetermin.
  • Die leeren Tage am Ende zeigen den Puffer, den ich ich mir durch des vorlegen des Abgabeziels gegeben habe.

Wie man sieht hat sich dies aber auch gerade gegen Ende öfters auf die Wochenenden ausgeweitet. Grundsätzlich, hat dies aber gut funktioniert, um eine gute Balance aus Arbeitszeit Prokrastination zu haben. So blieb auch raum zwischen durch Feiern zu gehen.

3. Schreibfortschritt

Im Bild oben Rechts daneben ist die erste Tabelle meines Schreibfortschritts.

Diese Tabelle illustriert die 45 Tage vor Abgabe (erste Spalte ist der Tag des Monats). Rot markiert waren Wochenenden. Dabei sind 3 Tage besonders relevant. Am 12. April wollte ich soweit fertig sein, dass ich die Arbeit an meine Korrekturleser*innen geben zu können. Am 21. April wollte ich eine Abgabefähige Version haben und am 29.4. war das spätesteste Abgabedatum.

  • Spalte 1: Tag des Monats
  • Spalte 2 Schreibziel des Tages – im Schnitt 5 Seiten pro Tag was meinem Schnitt bei der Bachelor-Arbeit entsprach. An Tag mit Terminen war es geringer.
  • Spalte 3 war dann zum Abhaken, wieviele Seiten ich am Tag wirklich geschafft habe.
  • Spalte 4 war mein 3-Tage Durchschnitt,
  • Spalte 5 Summe fertiger Seiten
  • Spalte 6 der Fortschritt in Prozent, basierend auf einem Ziel von ~100 Seiten.

Jede Zeile ein Tag Tag hält fest, wie viele Seiten ich angestrebt habe zu schreiben, wie viele ich real geschafft habe und die aktuelle Länge des Dokuments. Ziel waren 80 Seiten Reintext, es wurden am Ende 92. Auch festgehalten ist, an welchen Tagen explizit frei genommen habe. Meine Velocity von 4 Seiten pro Tag entsprach der Geschwindigkeit, die ich auch bei meiner Bachelor-Arbeit hatte. Dabei war egal ob es anfangs darum ging Recherche zu Kapitel-Notizen zu machen, oder Notizen zu Volltext umzuschreiben.

Letztlich konnte ich durch diese Visualisierung genau vorhersagen an welchem Tag ich fertig werden würde und ob meine aktuelle Geschwindigkeit ausreichend ist.

4. Letzte Worte

Diese zwei Tabellen hab ich bei meiner Bachelor-Arbeit und meiner Master-Arbeit genutzt und sie halfen mir sehr, Struktur und Disziplin zu geben, um beide Arbeiten sauber und in der gegebenen Zeit entspannt durchzuziehen. Viele Jahre später lernte, ich dass ich ADHS habe und das sowas Strategien sind, mit denen sich ADHSler gut unter der Arme greifen können. Ich hoffe, es war war inspirierend.

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