Sichtfeldpolierer

Wer hat Geduld, Zuversicht, Humor und die leiseste Aussprache der Welt?

Augenärzte sind eine Perle der Natur!
Diese leicht von einer bekannten Biermarke abgekupferte Aussage drückt in meinem Auge eine Gewisse Bewunderung und Respekt gegenüber dieser Spezies Mensch aus.

Es braucht schon gewisse Qualitäten um die Ansprüche an diesen Berufsstand zu erfüllen, wie ich in einigen Jahren Felderfahrung an der Front der Augenärzte feststellen konnte. Wie der grundlegenden Erkenntnis, dass Augenärzte und Optiker selbst stets mit Brille jenseits der 2 Dioptrien und sehr schwacher Stimme gesegnet sind. Selten trifft man einen, der souverän gerade heraus redet. Meist muss man das leise vernuschelte Gemurmel selbst übersetzen oder einfach nach Gefühl an den richtigen Stellen bestätigend Nicken. Dies ist natürlich nicht förderlich der allgemeinen Genesung des Patienten, andererseits, wann bekommt man beim Augenarzt schon mal gute Nachrichten, die man auch hören möchte?
Wenn alles in Ordnung wäre, ginge man wohl nicht hin und so ist es immer eine angespannte Erwartungshaltung.

Der Arzt dagegen ist grundsätzlich Optimist und hofft noch bei der jeder Untersuchung die Nachricht der spontanen Selbstheilung verkünden zu können, was dem Patienten anfänglich durchaus Mut macht.
Vier Jahre, Drei Augenärzte, zwei Kliniken und drei Optiker später ist diese Hoffnung aber auch verpufft. Es ist nur faszinierend zu sehen, wie bei der ersten Untersuchung noch jeder frohen Mutes war, dass er mich heilen kann. Halleluja!
Ab einem gewissen Punkt ist es nur noch schwer angesichts einer ambitionierten freundlichen jungen weiblichen Praxisgehilfin und ihrem zuvorkommenden Optimismus nicht in Lachen auszubrechen.
Je nach Bevölkerungsdichte des umliegenden Landes ist einem jedes Lachen aber nach einem vollen Wartezimmer, Termin, und drei Stunden warten bereits vergangen. Man will doch bloß zur halbjährlichen Routine-Untersuchung …

Immer wieder überraschend ist, wenn man dann schließlich den Chefarzt vor Augen hat. Sei es, dass die Untersuchungsergebnisse von der Klinik anders interpretiert werden als vor Ort, man sich mit Füßen wehren muss nicht gleich auf Organspendewartelisten gesetzt zu werden, oder das einem Veränderungen erst nach explizitem Nachfragen mitgeteilt werden. Gründe zu gehen.
Soviel zu den guten Nachrichten der Sichtfeldpolierer. Die stehen im Detail: … ah ok, nur noch 10 Jahre Gefährdung … oh nett, nicht vererblich … aha ok, links oh, na schauen wir mal weiter.

Jor, dann schau wir mal. Nächster Termin in einem halben Jahr.
Und dann bitte wieder Krankenkassenkarte, Überweisung und den Galgenhumor mitbringen.
Auf Wiedersehen bis zum nächsten Mal.

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